Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
Volker Stingl

Entwicklung/ Erziehung

Das Aufwachsen des Kindes zum Jugendlichen und später zum Erwachsenen vollzieht sich in Phasen und ist zahllosen Herausforderungen, Umbrüchen und Veränderungen unterworfen. Jede dieser Phasen birgt neben den völlig neuen Möglichkeiten, auf die Welt zu zugehen, Eindrücke zu verarbeiten und sich seinen Mitmenschen mitzuteilen immer auch das Risiko in einer Entwicklungsphase stecken zu bleiben. Geht es in frühen Phasen der Entwicklung um die Entstehung eines ersten, basalen Selbstgefühls mit der Bildung von Urvertrauen i.d.R. anhand der Bindung zur Mutter, wachsen mit der Zeit die Fähigkeiten, z.B. sich fortzubewegen und damit auch das Bedürfnis, sich aus der Abhängigkeit der Mutter etwas zu lösen und eigenständiger zu werden. Kann sich Vertrauen in dieser Phase nicht ausreichend bilden, weil die Eltern nicht zuverlässig sind oder sich unangemessen den Bedürfnissen des Kindes gegenüber verhalten, vielleicht weil sie ihre eigenen Bedürfnisse nicht ausgleichen und befriedigen können bildet sich ein Übermaß an Misstrauen. Wobei hier, wie in jeder anderen Phase die jeweiligen Entwicklungsthemen als Gegensätze oder Entsprechungen miteinander zusammenhängen. Ein gewisses Maß an Misstrauen ist notwendig, um sich in der Welt orientieren und bewegen zu können.

Mit seiner Fähigkeit Laufen zu lernen und sich von der Mutter weiter zu entfernen, taucht das Gefühl eines eigenen Willens, mit all den damit verbundenen Affekten von Wut und Scham bezüglich seiner Wünsche. Dies ist auch die Zeit der Trotzphase und der Herausbildung eines Bewusstseins von Mein und Dein. Festhalten und Loslassen sind Themen die das Kind faszinieren und die seine Selbstkontrolle üben. Das Kind ist in der Lage und begeistert davon, sich unabhängiger von der Mutter erleben zu können. Auf seinen Streifzügen probiert es sich mit seinen neu erworbenen Fähigkeiten aus und erlebt dabei Gefühle von Größe und Mächtigkeit. Es muss während seiner Versuche aber immer auch scheitern. Das Erleben von Frustration ist in dieser Phase wichtig und nötig. Ein günstiger Ausgleich zwischen Scheitern und Erfolg unterstützen die Bildung von Selbstwert in dieser Phase erheblich. Das Kind erfährt zunehmend, selbst etwas bewirken zu können und lernt den Umgang mit starken Gefühlen im Zusammenhang mit Frustration und auch Freude und Glück.

Das Kind wird eigenständiger, untersucht die Umgebung genauer, und beginnt sich zunehmend auch mit seinen Vorstellungen auszuprobieren. Es nimmt im Spiel Rollen ein, fragt viel und übt sich über die Imitation von Verhalten in der Welt zu orientieren. Das So-tun-als-ob ist nun wichtig und faszinierend. Dies führt dazu, unterschiedliche Affekten bewusster erleben zu können sowie sich auch als etwas besonderes begreifen zu dürfen. Es macht mehr und mehr die Erfahrung, Dinge auch ohne fremde Hilfe bewerkstelligen zu können. Damit zusammen hängt das sensible Thema der Schuld …

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